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Beinige Kilometer

Juli 13, 2013

Die augenrollende Klofrau drängte mir ein Papiertuch auf – wenn ich meine Hände nicht abtrockne, müsse sie ja putzen! Igitt. Diese Wasserflecken! Sie war mir echt sympathisch – lässt sich dafür bezahlen was sie tun sollte, wenn sie es nicht zu vermeiden weiss. Über ihren Blutdruck weiss ich nun auch Bescheid, sie hat es mir in einem vertraulichen Gespräch neben der Klogängerschlange erzählt.

Handtrocken bin ich reingegangen, die Halle war schön leer, alle waren zum Frischeluftschnappen beim Rauchen. Es war noch genug Zeit um enttäuscht feststellen zu können, dass ich hier keinen Bananensaft bekomme. Von ‚Atoms for Peace‘ hatte ich ja zumindest das erwartet. Naja.

Dann ist mir aber wirklich alles so dermaßen Banane – Thom Yorke (Radiohead), Produzent Nigel Godrich, Flea (Red Hot Chili Peppers) , Joey Waronker (Beck) Mauro Refosco (Forro in the Dark) treten auf die Bühne.

Unglaublich wie schnell sich die frischrauchluftgetränkten Scharen ohne Rempeleien in der Halle versammeln und jubeln und zu tanzen beginnen. Auch daran erkenne ich hochwertige Liveveranstaltungen – das Publikum kommt der Musik wegen, nimmt es ohne Knirschschiene hin, dass nirgendwo ein Bananensaftstand zu finden ist, hüpft ohne sich gegenseitig reinzuhüpfen und alle kucken in die selbe Richtung: zur Bühne. Das ist nicht immer so. Oft genug bekomme ich auch in solchen Situationen intime Eindrücke von Blutdrücken. Heute nicht!

Thom Yorke ist zum Knuddeln – er weiss, dass er gesehen werden will und steht am Piano immer mal wieder kurz auf, um sich sehen zu lassen. Die anderen Musiker treten deshalb nicht in den Hintergrund, sie sind da – und wie! Ich tanze nicht oft auf Konzerten – diesmal hält mich nichts mehr am Boden, ausser, wenn ich zwischendurch auf Zehenspitzen versuche wirklich alles auf der Bühne visuell mitzubekommen.

Als es vobei ist (ich heule gleich bei der Vorstellung) geh ich rausrausraus um die Eindrücke ohne Blutdrücke aus Nachbargesprächen nachwirken zu lassen. Und lauf, lauf lauf. Der Schienenersatzverkehr muss umgezogen sein, in den letzten drei Stunden. Ich lauf und lauf Kilometer um Kilometer, lauf, hüpfe und singe bis ich ankomme, irgendwo an irgendeiner Haltestelle, die mich nicht mehr zurückbringt.